Die "fast" streifende Sternbedeckung
von kappa-Tau

 

Am 21. August 2003 sollte sich gegen 1:30 MESZ eine streifende Sternbedeckung des Doppelsterns kappa-Tau ereignen. Diesen Hinweis fanden wir in SuW 5/03. Wir wollten diese seltene Gelegenheit nicht ungenutzt lassen, zumal diese Bedeckung wirklich spektakulär werden würde: Während die schwächere Komponente des weiten Doppelsterns (Abstand 5'41“) total verdeckt werden würde, sollte die hellere Komponente bei Wahl eines geeigneten Beobachtungsplatzes nur streifend am Mond-Nordpol verdeckt werden. Durch das unregelmäßige Mondrandprofil sollte es zu zahlreichen Verfinsterungen und Wiederauftauchen des Sternes kommen.



Kritisch für die Beobachtung dieses Ereignisses ist die Wahl des Beobachtungsplatzes. Laut Karte in SuW 5/03 verläuft die Finsterniszone von Aachen über Osnabrück bis über Hamburg hinaus. Zu unserer großen Überraschung lag unser üblicher Treffpunkt, die Volkssternwarte Hattingen, fast genau auf dieser nur 6 km breiten Linie. Das Ereignis sollte im Nord-Osten stattfinden bei einer Höhe des Mondes von nur 12° über dem Horizont. Genau dort befindet sich aber an der Sternwarte ein Berg. Nun, wir trafen uns dort, um mit Karte und genauen Koordinaten ausgestattet einen idealen Platz zu finden. Eine Radarschüssel ganz in der Nähe versprach gute Rundumsicht. Wir packten also das Astromobil und fuhren zur Radarstation, die auf der Kuppe eines kleinen Hügels liegt. Perfekte Rundumsicht, aber sind wir noch auf der Linie? Gut ausgerüstet mit Kompass und GPS-Handempfänger prüften wir unsere Position und siehe da, wir waren weniger als 2 km von der perfekten Position entfernt. Glaubten wir ...

Nun ging es daran unsere Teleskope aufzubauen. Da beide Komponenten von kappa-Tau recht hell sind (4,2 und 5,3 mag) reichten uns kleinere Öffnungen völlig aus. Wir installierten also 2 Frauenhofer Refraktoren mit je 80 mm Öffnung und einen 102 mm Maksutov, der bei dieser Gelegenheit sein „richtiges“ first light erlebte. Zusätzlich stellten wir ein 7x50 Fernglas auf ein Stativ, um damit Wolken und Dunst identifizieren zu können und warteten wir auf die Dämmerung.

Gegen 22:00 MESZ ging der Mars auf. Schon bei einer Höhe von nur 2° konnten wir die südliche Polkappe identifizieren. Da das Seeing ausgezeichnet war, verbrachten wir die nächsten Stunden hauptsächlich mit der Beobachtung des Mars, der ja nahe seiner Jahrhundert-Opposition war. Endlich hatten wir Zeit und Gelegenheit neue Filter auszuprobieren und zu bewerten. Gegen Mitternacht wurden wir aber langsam ungeduldig und sehnten uns danach, den Mond aufgehen zu sehen.

Um 0:30 MESZ erspähten wir endlich den Mond. Seine vom Dunst gefärbte Sichel schimmerte malerisch rot über einem fernen Hügel. Schnell richteten wir unsere Teleskope aus und versuchten den Doppelstern zu finden. Doch der Horizontdunst war so dicht, dass es uns zunächst nicht gelang. Mut machte uns aber der Anblick der Plejaden im 7x50: Bei 12° Höhe waren dort immerhin mehr als 12 Sterne auszumachen.
Endlich um 1:00 MESZ sahen wir beide Komponenten von kappa-Tau. Nun warteten wir auf die Bedeckung von kappa2-Tau am hellen Mondrand. Wir waren beeindruckt von der Dynamik dieses Ereignisses. Die letzten Bogenminuten flog der Stern dem Mond förmlich entgegen, um dann um 1:10:18 MESZ zu verschwinden. Jetzt waren es noch ca. 20 Minuten bis zur streifenden Bedeckung von kappa1-Tau.



Es stellte sich die Frage, was erwarten wir denn? Noch niemand von uns hatte eine streifende Sternbedeckung beobachten können. Sind wir an der richtigen Position? Wir machten uns Mut und unsere Augen hingen an den Okularen. Schnell näherte sich kappa1-Tau dem Mond-Nordpol. Es sah zunächst so aus, als würde er den Pol weit verfehlen, doch als der Abstand dahinschmolz, waren wir sicher, das geht haarscharf aus. Gegen 1:30 MESZ war der Abstand minimal, doch eine Verfinsterung haben wir nicht gesehen! Wir waren etwas enttäuscht, gleichzeitig aber beeindruckt von der Dynamik des Ereignisses. Aber es blieb die Frage, warum wir keine Verfinsterungen gesehen haben? Waren wir doch am falschen Ort? Ja, natürlich, aber warum? Wir hatten die Koordinaten doch genau gechecked.

Egal, wir warteten noch auf den Austritt von kappa2-Tau am dunklen Mondrand, der um 1:54:15 MESZ geschah. Plopp, da war der Stern zu sehen und flog von der Mondoberfläche, die nun leicht erhellt zu beobachten war, davon. Anschließend packten wir unsere Teleskope ein und machten uns müde, aber begeistert von den Ereignissen, auf den Heimweg.

Christian Grunwald, Markus Ridder und Michael Maucksch


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